Braden-Skala in der Dekubituspflege

Pflegebedürftige Patienten, die aufgrund von Krankheiten oder einem Unfall dauerhaft an das Bett gefesselt sind, müssen mit speziellen Lagerungstechniken und Hilfsmitteln versorgt werden, um keine Haut- und Gewebeschäden zu bekommen. Die Braden-Skala, benannt nach der amerikanischen Pflegewissenschaftlerin Barbara Braden, gibt Auskunft darüber, inwieweit ein Patient gefährdet ist, an Dekubitus zu erkranken. Bereits im Vorfeld kann eine umfangreiche Risikoeinschätzung vorgenommen werden, um rechtzeitig und adäquat mit den richtigen Pflegemaßnahmen zu reagieren.

Die Braden-Skala ist in der Pflege von stationären und ambulanten Patienten ein unerlässliches Hilfsmittel. Wir zeigen Ihnen, welche Inhalte die Braden-Skala hat und welche Maßnahmen durchzuführen sind.

Dekubitus: Definition

Ein Dekubitus ist ein Geschwür der Haut und des darunterliegenden Gewebes, welches durch verstärkten Druck infolge von einer zu langen einseitigen Lagerung entstehen kann. Vor allem ältere und pflegebedürftige Patienten haben ein erhöhtes Risiko zu erkranken. Dabei wird zwischen akutem und chronischem unterschieden. Akut kann der Dekubitus bereits nach kurzer Liegedauer entstehen, auch bereits nach wenigen Stunden, und eine oberflächliche Hautverletzung hervorrufen. Chronisch ist er jedoch dann, wenn es ein tieferliegendes Geschwür ist, welches Schmerzen bereitet. Um Dekubitus im Allgemeinen zu verhindern, sind eine Risikoeinschätzung nach der Braden-Skala und eine komplexe Pflege notwendig.

Dekubitus lässt sich im Anfangsstadium mit einem Fingertest erkennen. Folgende Stadien sind medizinisch und pflegerisch manifestiert:

  • Dekubitus Typ 1: Gerötete Hautstelle, die sich beim Fingertest als nicht wegdrückbar erweist
  • Dekubitus Typ 2: Blasen oder Abschürfungen
  • Dekubitus Typ 3: Offene Geschwüre
  • Dekubitus Typ 4: Große Löcher in der Haut, die bis auf die Knochen, Muskeln oder Sehnen ausgedehnt sind

Braden-Skala zur prophylaktischen Dekubituspflege

Die Braden-Skala ist ein mehrstufiges Schema, um die Einteilung und Klassifizierung des Dekubitusrisikos bei bettlägerigen und pflegebedürftigen Patienten zu entwickeln. Sie setzt sich aus sechs Kriterien zusammen, die als Risikofaktoren für die Entwicklung eines Dekubitus gelten:

  1. Mobilität: Fähigkeit des Patienten, sich eigenständig zu bewegen und selbstständig in eine selbstgewählte Position zu begeben.
  2. Aktivität: in welchem Maß der Patient sich selbst mobilisieren und bewegen kann.
  3. Krafteinwirkung: Ausmaß der entstehenden Reibungs- und Scherkräfte im Verhältnis zur körperlichen Auflagefläche des Patienten.
  4. Sensorik: Fähigkeit des Patienten, Schädigungen der Haut und des Gewebes wahrzunehmen und dem Pflegepersonal mitzuteilen.
  5. Ernährung: eine ausgewogene Ernährung verhindert einen schlechten Hautzustand.
  6. Feuchtigkeit: in welchem Ausmaß die Haut einem Feuchtigkeits-Milieu ausgesetzt ist und die Keimbildung fortschreitet.

Risikoeinteilung und Auswertung mit der Braden-Skala

Bei den ersten Anzeichen für einen Dekubitus sollte der Test nach etwa 24 bis 48 Stunden erneut wiederholt werden, um ein eindeutiges Ergebnis zu erzielen. Sollte ein erhöhtes Risiko festgestellt werden, muss der Test täglich erneuert werden, um Verbesserungen oder Verschlechterungen zu erkennen. Liegen keine Anzeichen für ein Wundgeschwür vor, ergibt sich eine erneute Wiederholung anhand der erreichten Punktzahl. Maximal können 23 Punkte erreicht werden. Je niedriger die Punktzahl am Ende des Testes ist, desto höher ist das Risiko für haut- und gewebeschädigenden Dekubitus.

  • Niedriges Risiko: > 18 Punkte
  • Allgemeines Risiko: 18 – 15 Punkte
  • Mittleres Risiko: 14 – 13 Punkte
  • Hohes Risiko: 12 – 10 Punkte
  • Sehr hohes Risiko: < 9 Punkte

Aufbau der Braden-Skala

PUNKTE 1 2 3 4
MOBILITÄT Nicht vorhanden
  • jeglicher Positionswechsel kann nur mit Hilfe durchgeführt werden
Stark eingeschränkt
  • gelegentliche Bewegungen, vorwiegend einzelne Gliedmaßen
  • ist nicht in der Lage, sich selbstständig umzulagern
Gering eingeschränkt
  • kleiner Lagerungs- und Positionswechsel möglich
  • bei vollständigem Positionswechsel wird Hilfe benötigt
vollkommen mobil
  • Patient kann zu jeder zeit seine Position wechseln und benötigt keinerlei Hilfestellung
AKTIVITÄT Bettlägerig
  • Vollständig ans Bett gebunden
Sitzend
  • Hilfestellung beim Aufrichten nötig (im Rollstuhl, im Bett, auf dem Stuhl)
  • nicht in der Lage, das eigene Körpergewicht zu halten
  • Fortbewegung nur mit Hilfe möglich
Geht in geringem Maß
  • nur kurze Entfernungen können gehend zurückgelegt werden, dabei nur über einen sehr kurzen Zeitraum
  • für längere Strecken wird Hilfe benötigt
  • die meiste Zeit verbringt der Patient liegend im Bett oder sitzend im Stuhl / Rollstuhl
Regelmäßiges Gehen
  • regelmäßige Bewegungen möglich
  • Pflegepersonal sieht den Patienten 2 – 3 Mal in der Schicht laufen
SCHERKRAFTEINWIRKUNG UND REIBUNG Problematisch
  • braucht umfangreiche Hilfe bei einem Positionswechsel
  • Anheben des Körpers ohne Schleifen über das Laken nicht möglich
  • Haltung der Position weder im Bett noch im Stuhl möglich, rutscht permanent herunter und muss neu positioniert werden
  • unruhige Lage, Haut scheuert dadurch am Laken
  • hat regelmäßig spastische Kontrakturen
Sich entwickelndes Problem
  • bewegt sich wenig allein oder nur mit geringer Hilfestellung
  • Benötigt ebenfalls Unterstützung beim Aufrichten, Haut schleift über das Laken
  • kann sich über eine gewisse Zeit allein sitzend halten, ohne in sich zusammen zu rutschen
Unproblematisch
  • alleinige Bewegungen im Bett und im Stuhl jederzeit möglich
  • eigene Kraft ist ausreichend, um sich allein aufzurichten
  • kann sitzende oder stehende Position über einen langen Zeitraum halten
 
SENSORIK Fehlt
  • aufgrund von Sedierung oder Bewusstlosigkeit keine schmerzempfindliche Reaktion möglich
  • Schmerzgefühl durch großteilige Lähmung generell gestört
Stark eingeschränkt
  • nur starkes Schmerzempfinden möglich
  • Äußerungen auf eintretenden Schmerz nur durch geringe Reaktion wie Unruhe oder Stöhnen
  • kein Schmerzempfinden durch teilweise Körperlähmung
Minimal eingeschränkt
  • Reaktion auf Schmerz nur nach direkter Ansprache
  • Beschwerden können nicht vermittelt werden
  • gestörtes Schmerzempfinden bei Lähmung von Extremitäten
vorhanden
  • Reaktion auf Schmerzen können übermittelt werden
  • kein gestörtes Schmerzempfinden
ERNÄHRUNG Schlechte Ernährung
  • isst zu wenig, kleine Portionen werden nicht aufgegessen
  • trinkt nicht ausreichend
  • nimmt zu wenig Eiweiß zu sich
  • darf aufgrund ärztlicher Anordnung keine orale Kost aufnehmen oder erhält Infusionen
  • darf nur klare Flüssigkeiten zu sich nehmen
Mäßige Ernährung
  • isst in der Regel normalgroße Portionen nicht auf
  • nimmt lediglich drei Eiweißportionen zu sich
  • verweigert Mahlzeiten, nimmt allerdings ergänzende Aufbaunahrung zu sich
Mehrheitlich gesunde Ernährung
  • nimmt mehr als die Hälfte aller angebotenen Mahlzeiten zu sich
  • isst ausreichend Eiweiß (4 Portionen)
  • nimmt eiweißhaltige Trinknahrung zu sich
  • kann über eine Sonde mit allen wichtigen Vitaminen und Nährstoffen versorgt werden
Gesunde Ernährung
  • nimmt jederzeit die angebotenen Mahlzeiten zu sich
  • isst 4 oder mehr Eiweißportionen
  • nimmt Nahrung auch zwischen den Mahlzeiten auf
  • benötigt keine Aufbaunahrung
FEUCHTIGKEIT Permanent feucht
  • die Haut ist ständig feucht mit Schweiß, Urin und anderen Körperausscheidungen bedeckt
  • bei jedem Positionswechsel liegt der Patient im Nassen
  • Wäschewechsel muss mehrmals pro Schicht erfolgen
Häufig feucht
  • die Haut ist oft feucht
  • Wäsche und Bettwäsche muss mindestens einmal je Pflegeschicht gewechselt werden
Gelegentlich feucht
  • manchmal feuchte Haut
  • einmal täglich Wäschewechsel
Selten feucht
  • die Haut ist fast immer trocken
  • neue Wäsche wird nur gelegentlich benötigt
Pflegeformulare

Braden-Skala in der Pflege

Bevor das Messinstrument Braden-Skala zur Anwendung kommt, müssen die Pflegekräfte ein umfangreiche Informationssammlung erstellen. Neben dem Test, der zu einem Ergebnis nach der Braden-Skala führt, tragen Beobachtungen und ärztliche Diagnosen zur Risikoeinschätzung bei.

In den meisten Pflegeeinrichtungen sind zwei oder mehr Pflegekräfte beauftragt, sich ausschließlich um die Einstufung der Dekubitus-Patienten zu kümmern. Die sogenannten Wundbeauftragten lernen Mitarbeiter mit der Problematik und der zugrundeliegenden Braden-Skala an. Die Durchführung der Tests wird in den meisten Fällen von der Pflegekraft durchgeführt, die das größte Vertrauensverhältnis zum Patienten hat. Zusätzlich schulen die Betreuungseinrichtungen ihre Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen.

Informationssammlung für die Braden-Skala

Die grundlegenden Faktoren zur Risikoermittlung sind bereits in der Braden-Skala verankert, jedoch helfen externe Informationen und zusätzliche Beobachtungen, um die Diagnose zu manifestieren. Dazu gehören:

  • Das hohe Alter eines Patienten
  • Zunehmende Immobilität
  • Medikamentengabe, die zu einer Teilsedierung führt
  • Durchblutungsstörungen
  • Untergewicht durch Mangelernährung
  • Verschiedenen Infektionskrankheiten

Nicht immer sind die Patienten in der Lage, ihre Beschwerden dem Pflegepersonal mitzuteilen. Auch augenscheinliche Beobachtungen werden daher in den Dekubitus-Test einbezogen. Sie erfolgen in der Regel schichtübergreifend von Pflegekraft zu Pflegekraft oder aber durch Therapeuten, Betreuer und Angehörige. Auch Küchenmitarbeiter oder der Hausarzt können ihre Informationen weitergeben.

Ein erster Test kann der Fingertest sein. Auf eine vermeintlich wunde Stelle wird Druck ausgeübt, um zu sehen, ob die Rötung bestehen bleibt oder wieder verschwindet. Bei einer bleibenden Rötung werden weitere Maßnahmen der Braden-Skala durchgeführt.

Bei pflegedürftigen Patienten mit den Pflegegraden 1 und 2 wird die Braden-Skala einmal im Monat zu Rate gezogen. Ab einem Pflegegrad 3 erfolgt die Risikoeinschätzung im zweiwöchigen Turnus. Bei Veränderungen des allgemeinen Gesundheitszustandes, im Ausscheidungsverhalten, zunehmender Immobilität oder einem andersgelagerten Essverhalten können die Pflegekräfte jederzeit den Test durchführen und ihn nach der Braden-Skala auswerten.

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